Zwangsstörungen

Zwangsstörungen (engl.: Obsessive-compulsive Disorders, OCD) sind Erkrankungen, bei denen die Betroffenen unter wiederkehrenden Gedanken oder Impulse leiden, welche sie immer wieder stereotyp und quälend beschäftigen.

Dabei wird in sogenannte Zwangsgedanken (engl.: obsessions) und in Zwangshandlungen (engl.: compulsions / compulsive rituals) unterschieden. Die Betroffenen versuchen häufig erfolglos, den Zwängen Widerstand zu leisten, so dass langfristig ein erheblicher Leidensdruck entstehen kann.

Auf dieser und den folgenden Seiten finden Sie ausführliche Fachinformationen über Diagnose, Risikofaktoren, Ursachen und Therapie der Zwangsstörungen.

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Die Zwänge werden häufig von einer ausgeprägten Angst begleitet, die sich verstärkt, wenn die Betroffenen versuchen, ihre Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen zu unterdrücken.

Den Betroffenen ist dabei zumindest in Bezug auf einige der Zwänge bewusst, dass diese Phänomene ihres eigenen Geistes sind, es gelingt ihnen aber trotzdem nicht, sich den Zwängen dauerhaft zu wiedersetzen.

Die Zwangsstörungen haben die Tendenz, sich unbehandelt immer mehr auszuweiten und dadurch die Lebensqualität der Erkrankten deutlich einzuschränken.

Zwangsgedanken

Zwangsgedanken (engl. obsessions) sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die den Betroffenen immer wieder stereotyp beschäftigen. Die Zwangsgedanken können die Form von zwanghaften Ideen, von bildhaften Vorstellungen oder von Zwangsimpulsen annehmen.

Die Zwangsgedanken richten sich häufig auf die Befürchtung, jemand anderem Schaden zugefügt zu haben bzw. in Zukunft zuzufügen (“...ich habe den Radfahrer beim Überholen bestimmt angefahren...!”; “...ich könnte mein Kind verletzen...!”). Die Gedanken werden von den Betroffenen fast immer als quälend erlebt.

Eine besondere Form der Zwangsgedanken ist der Grübelzwang, bei dem die Betroffenen in endlose Überlegungen über Alternativen geraten und dadurch häufig die Fähigkeit verlieren, notwendige Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen.

Die vier wichtigsten Merkmale der Zwangsgedanken sind:

(vgl. Abramowitz 2009, APA 2013).

Zur genaueren Charakterisierung der Zwangsgedanken wird unterschieden, ob die Zwangsgedanken einen sogenannten Stimulus-Charakter oder einen Reaktions-Charakter haben.

Zwangsgedanken mit Stimulus-Charakter

Zwangsgedanken mit Stimulus-Charakter zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei den Betroffenen zu einem Anstieg der Anspannung führen. Häufig haben diese Gedanken einen Warn- oder Befehlscharakter wie z.B. “Ich könnte / muss meinen Angehörigen verletzen!”. In den meisten Fällen sind diese Gedanken für die Betroffenen so angstbesetzt, dass sie “nicht zu Ende gedacht” werden.

Zwangsgedanken mit Reaktionscharakter

Zwangsgedanken mit Reaktionscharakter werden demgegenüber von den Betroffenen (bewusst oder unbewusst) zur Reduktion ihrer Anspannung eingesetzt. Diese Gedanken sollen vorrangig andere bedrohliche (Zwangs-)Gedanken bzw. Impulse neutralisieren oder ungeschehen machen. In dem Diagnosemanual DSM-IV werden diese Gedanken deswegen nicht zu den Zwangsgedanken sondern zu den Zwangshandlungen gezählt.

Grübelzwang

Eine besondere Form der Zwangsgedanken stellt der Grübelzwang dar, bei dem die Erkrankten in endlose Überlegungen über Alternativen geraten, wodurch sie häufig die Fähigkeit verlieren, notwendige Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen.

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Zwangshandlungen

Zwangshandlungen (engl. compulsions) oder Zwangsrituale (engl. compulsive rituals) sind Stereotypien, die von den Betroffenen ständig wiederholt werden. Die Betroffenen erleben sie oft als Vorbeugung gegen ein (objektiv unwahrscheinliches) Ereignis, das ihnen oder anderen Schaden bringen könnte oder bei dem sie selbst Unheil anrichten könnten. Die Betroffenen selbst erleben dieses Verhalten zumeist als sinnlos und ineffektiv und versuchen immer wieder, gegen diese Verhalten anzugehen.

Zu den häufigsten Zwangshandlungen gehören Reinigungs- und Waschzwänge (z.B. Händewaschen, Duschen) sowie Kontrollzwänge (z.B. Haustür, Herd). Weitere typische Zwangshandlungen sind z.B. der Zählzwang, Ordnungszwang, Sammelzwang oder der Einkaufszwang.

Wie im Kapitel “Zwangsgedanken” beschrieben, werden auch die sogenannten Zwangsgedanken mit Reaktionscharakter nach bestimmten Diagnosesystemen (DSM-IV, DSM-5) zu den Zwangshandlungen gezählt, da die Betroffenen durch diese Gedanken eine ganz bestimmte Wirkung erzielen möchten.

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Zwangsstörungen: Prävalenz

Zwangsstörungen treten häufig erstmals im späaten Jugendalter bzw. frühen Erwachsenenalter auf.

Die Lebenszeitprävalenz der Zwangsstörung liegt bei ca. 2-3%, die Punktprävalenz bei ca. 1%. Die meisten Betroffenen (ca. 80%) leiden unter einer Kombination aus Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Nur ein geringer Anteil der Betroffenen hat ausschließlich Zwangsgedanken.

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Zwangsstörungen: Diagnose nach ICD-10

Die Internationale Klassifikation der Krankheiten (International Classification of Diseases - ICD-10) definiert die Zwangsstörung (ICD-10 F42) als eine Erkrankung, die durch wiederkehrende Zwangsgedanken bzw. Grübelzwang und/oder durch wiederkehrende Zwangshandlungen bzw. Zwangsrituale gekennzeichnet ist. Dabei wird differenziert in die

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Zwangsstörungen: Diagnose nach ICD-11

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im Juni 2018 die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (engl. International Classification of Diseases) ICD-11 vorgestellt.

Die Zwangsstörungen werden in der ICD-11 unter der Codierung 6B20 geführt.

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Zwangsstörungen: Testpsychologie

In der testpsychologischen Diagnostik der Zwangsstörung können verschiedene Testinstrumente zum Einsatz kommen, wie z.B das Maudsley Obsessive-Compulsive Inventory (MOCI), das Hamburger Zwangsinventar (HZI und HZI-K), die Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (Y-BOCS) oder der Padua Zwangsfragebogen (Padua-R).

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Zwangsstörungen: Differenzialdiagnose

Beim Erstauftreten einer Zwangsstörung müssen im Rahmen der Diagnostik auch verschiedene Differenzialdiagnosen beachtet werden. Dazu gehören einerseits andere psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressive Störungen, Angststörungen, die Zwanghafte Persönlichkeitsstörung, die Hypochondrische Störung, schizophrene Erkrankungen oder die Körperdysmorphe Störung. Darüber hinaus können verschiedene neurologische Erkrankungen sowie einige Medikamente zum Auftreten von Zwangssymptomen führen.

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Zwangsstörungen: Ursachen und Störungsmodelle

In Bezug auf die möglichen Ursachen der Zwangsstörungen wurden verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt. Neben psychoanalytischen bzw. und tiefenpsychologischen Theorien wurden Kognitive und behaviorale Modelle entwickelt, wie z.B. die Zwei-Faktoren-Theorie nach Mowrer und das Kognitive Modell nach Paul Salkovskis. Darüber hinaus werden verschiedene neurobiologische Faktoren als mögliche Ursachen für das Auftreten einer Zwangsstörung diskutiert.

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Zwangsstörungen: Therapie

Für die Therapie der Zwangsstörungen gibt es unterschiedliche Therapiemöglichkeiten wie z.B. die Kognitiv-behaviorale Therapie oder die medikamentöse Behandlung. Die Betroffenen profitieren zumeist dann am besten, wenn eine auf ihre persönliche Situation ausgerichtete Kombination der verschiedenen Behandlungs­möglichkeiten angewandt wird.

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Zwangsstörungen: Kognitive Verhaltenstherapie

Die Kognitiv-behaviorale Therapie (“Kognitive Verhaltenstherapie”) hat sich als ein wichtiges Element in der Behandlung der Zwangsstörungen erwiesen. Neben Psychoedukation, Zwangsprotokollen, Funktionsanalyse, kognitivem Umstrukturieren etc. hat sich insbesondere die Expositionstherapie als wirksam bewiesen.

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Zwangsstörungen: Pharmakotherapie

In der medikamentösen Behandlung der Zwangsstörungen werden insbesondere die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI wie z.B Fluoxetin, Fluvoxamin, Escitalopram und Paroxetin eingesetzt.

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